2+2=1, May 2013, studio Stefan Schröter, Berlin, Germany. 


                                                                                                            Es gibt Dinge, die an nichts anderem als an sich selbst scheitern.                                                           
F. Kafka, Das Schloss

                 In der Malerei gibt es einen Begriff von Ähnlichkeit, zumindest existieren in ihr mehrere Arten von Ähnlichkeiten. Und dies auch in derjenigen, die sich nicht von vornherein mit der bildlichen Darstellung abgibt. Eine dieser Arten gründet in der Tatsache, daß ein bestimmtes Bild eines bestimmten Malers oft seinem vorherigen oder nachfolgenden gleicht. Eine solche selbstreferentielle Ähnlichkeit erlaubt dem Beobachter eine Entwicklung zu verfolgen und festzustellen, und derart den Wert eines Werkes im Verhältnis zu seinen eigenen Voraussetzungen, Kriterien und Zielen, welche er sich im Laufe der Zeit durch den Besuch von Ausstellungen allmählich angeeignet haben mag, abzuschätzen. Der Markt (der Verkauf klar gesagt) bestätigt oder anulliert auf kurze Zeit die Qualität einer Arbeit, während die Historiker, welche angeblich einen kritischen und uneigennützig objektiven Abstand beachten, auf langfristige Sicht hin arbeiten. Aber auch Geschichte ist Auslegung, Lektüre eines Textes, auch ihr ist es an Korrektur und Veränderungen gelegen.


Manchmal rührt diese Ähnlichkeit von der Wiederholung eines Musters, eines erkennbaren Motives und oder von einer deutlich ausmachbaren Methode und Arbeitsweise her. Zum Beispiel von der Verwendung einer spezifischen Farbenreihe, das heiβt von Farben, die im Laufe der Jahre in der Öffentlichkeit wie die unbestrittene Domäne eines jeweiligen Künstlers erscheinen werden. Es liegen natürlich noch viele andere Möglichkeiten vor, um sich auszuzeichnen, unbewusst oder bewusst, mittels aufrichtiger Affinitäten und oder strategischer Notwendigkeiten. Der Künstler/die Künstlerin kann sich auch für das Gegenteil dieser klassischen Haltung entscheiden und sich entschlieβen, nur voneinander sehr verschiedene Arbeiten zu zeigen. Diese Wahl führt ihn zuletzt, programmatisch wie konzeptuell, und im besten Fall, zum gleichen Ergebnis: die Schaffung einer identifizierbaren künstlerischen Identität.

Identität ist das, was zwischen in Raum und Zeit gegebenen Punkten absolut, bedingslos übereinstimmt. Nun kann man sich aber anstrengen wie man auch will: es stimmt nie völlig überein. Und wäre es auch nur deswegen, weil jede Form von Identität immer Verweisung ist, das heiβt daneben steht, sich aus einem Bereich der Repräsentation in einen anderen hinausbewegt, um so die Legitimität des ersten zu gewährleisten, ihn ruhig zu stellen in seinem Anspruch, was er, dieser erste Bereich, vorgibt, vorgab, und vorgeben wird zu sein. Identität ist zum Scheitern verurteilt. Die Ausarbeitung einer Identität ist also ausschlieβlich künstlich und zielt dementsprechend darauf ab, die Kohärenz eines Werkes sichtbar zu machen, das heißt, den Künstler vor jeglichem Vorwurf von Dilettantismus zu bewahren und so sicherzustellen, daß er ernst genommen, also "vorzeigbar" wird, damit Beweismateral vorliegt, um ihn zu «erkennen ».

Ähnlichkeit, Entwicklung, Wert, Werk, Markt, Qualität, Kritik, Geschichte, Bereich, Affinität, Strategie, Programm, Kontext, Schöpfung, Identität, Kohärenz, Dilettantismus, Anerkennung ...  in der Tat werden all diese Begriffsbestimmungen nur angeführt und verwendet im Hinblick auf den hier vorliegenden Text. Sie beinhalten keine praktische oder theoretische Wahrheit. Jeder weiβ, daß eine von auβen gesehen vollkommen bewuβt und objektiv erscheinende Entscheidung auf einem sehr schwankenden und irrationalen Sockel basieren kann, und umgekehrt, daß, wenn man sich auch einmal im Wald verlaufen hat, es erstaunlicherweise ab und zu doch möglich ist, seinen Weg wiederzufinden, ganz ohne zu wissen wie. Was die Vertrauenswürdigkeit noch jeden Diskurses betrifft, legt schon allein diese Überlegung nahe, Vorsicht walten zu lassen.

Michel Carmantrand, Übersetzung Roland Baumann


Invitation, 2+2=1, May 2013, studio Stefan Schröter, Berlin Kreuzberg


Laurence Grave, collage, découpage, papier, acrylique sur carton
Laurence Grave
Laurence Grave, collage, découpage, scotch, papier, acrylique sur carton
Laurence Grave
Stefan Schröter, oil on metal
Michel Carmantrand, huile sur toile
James Geccelli, oil on canvas
James Geccelli
James Geccelli, oil on canvas
James Geccelli
Stefan Schröter, huile sur toile
Michel Carmantrand, oil on canvas
Michel Carmantrand
Edam Ydaer, carton et terre
Edam Ydaer
Edam Ydaer, pot en plastique, aluminium
Edam Ydaer
Michel Carmantrand, oil on canvas
Michel Carmantrand
Francis Bérezné, huile sur toile
Francis Bérezné
Francis Bérezné, huile sur toile
Francis Bérezné